Bei den Trullis in Apulien
Vom Steuervermeider zum Tourismus-Magnet: die Trulli-Gemeinde um Alberobello poliert ihre Steinhäuschen auf Hochglanz
Der Singular heißt übrigens Trullo und meint nicht die Leute sondern die Häuser. Die stammten ursprünglich von sehr armen Bauern, die keine Steuern zahlen wollten oder konnten. Solange das Haus damals nicht vermörtelt war, war es nicht steuerpflichtig. Außerdem hatten die Besitzer in der Regel kein eigenes Land. Wenn also der Steuerprüfer oder Grundbesitzer kam, konnte man das Haus sehr schnell auseinanderlegen und irgendwo anders wieder aufbauen.
Ursprünglich stand ein Trullo in ländlicher Gegend, am Feld oder am Weingarten. Er diente sowohl als Unterkunft als auch als Lagerraum. Seine ausgleichenden thermischen Eigenschaften machen ihn für den heißen Süden Italiens besonders geeignet. In Alberobello hat man in den 50-er Jahren viele der vorhandenen Trullis, die damals am Verfallen waren, wiederbelebt.
Wir entscheiden uns für eine Trullo-Unterkunft am Rande von Alberobello. Das Haus ist sorgfältig hergerichtet, innen verfliest und die Mauern sind natürlich vermörtelt. Okay, ein paar Zugeständnisse muss man schon an den Luxus machen. Was wir übertrieben finden, ist der Fernseher und die schiefe Antenne auf dem Dach. Hier hätte man den typischen use case für einen Trullo mal durchspielen sollen. Urlauber, die Wert auf einen Fernseher legen sind wahrscheinlich nicht so richtige Trullo-Kandidaten. Aber man weiß ja nie.
Ein weiterer Vorteil des Trullo erschließt sich erst, wenn man in der Nähe einer Straße wohnt: Er dämmt perfekt den Lärm. Wir haben von dem regen Straßenverkehr praktisch nichts gehört.
Die Bevölkerung von Alberobello ist sehr geschäftstüchtig. Sie vermarkten ihre Traditionen und erhalten sie. Die Art, wie sie das tun wirkt wenig aufdringlich. Sovenirs, gerade den siamesischen Trullo, bekommt man überall. Als wir aber außerhalb der Saison, abends wenn alle Toruistenfernbusse den Ort verlassen haben, in den menschenleeren Straßen nach einem Restaurant suchen, ist das Angebot eher dünn. Wir landen schließlich in einem Weinkeller, der leckere Antipasti serviert. Die grandios beleuchtete Trullo-Pizzeria hat geschlossen.
Faszinierend sind die Symbole auf den Dächern der Trullis. Ein Teil von ihnen hat einen christlichen Hintergrund. Wahrscheinlich sind sie aber aus heidnischen Symbolen entstanden und haben, wie viele andere Kulturelemente erst später eine christliche Bedeutung erhalten.
Andere Symbole haben magische, kosmologische und spirituelle Bedeutung. Wär‘ für einen Ethnologen vielleicht mal interessant, woher die Bedeutungen kommen und wieweit sie für touristische Zwecke angepasst werden. Ein Ausschnitt aus einer Symbolerklärung, die ich in einem der Shops gefunden habe:
Mehr Beispiele finden sich in diesem Blogbeitrag.
Ein Tipp für alle, die vorhaben, sich die Trulli-Region nur mit dem Fernreisebus per stoppover anzusehen: Ein Abendspaziergang in Alberobello kann sehr reivoll sein, auch wenn die Gastronomie nicht gerade der Hammer ist:
Links:
Trulli-Reisetipp von italia.it
Offizieller Eintrag der Trullis als UNESCO Welterbe
More information about Alberobello
One thought on “Bei den Trullis in Apulien”
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Die Trulli von Alberobello stehen schon sooo lange ganz oben auf meiner Italien Wunschliste! 🙂