Straßen-Gitarristen in Lissabon

Das Schöne an Lissabon ist, dass es dort kaum schlechten Gitarristen gibt. Die, die dort spielen, wissen, wie man mit einer Gitarre umgeht und verklimpern sich kaum, wenn sie scheinbar mühelos irrwitzige Läufe in Zweiunddreißigstel und Vierundsechzigstel spielen. Ich kann nur jeden deutschen Straßenmusiker, der sich mühselig auf der Gitarre die C-, A- und G-Griffe beigebracht hat, warnen, in Lissabon aufzutreten. Dort spielt nicht nur Benfica, sondern auch jeder Straßengitarrist in einer anderen Liga. José hat gerade auf dem „Miradouro Portas do Sol“, einem Platz im Osten der Stadt mit wundervollem Ausblick auf die engen Gassen der Alfama und den Tejo, sein Flamenco-Gitarrensolo beendet, leiht sich vom Kiosk ein Tablett und sammelt mit einem charmanten Lächeln das Trinkgeld ein. Sorgfältig versucht er, die Zeichen seiner Armut zu verbergen. Seine Kleider wirken sauber und elegant. Sorgfältig verdeckt er die Löcher und abgeschabten Stellen in der Jacke. Beim Einsammeln des Geldes hält er die Gitarre in der Hand. Im Gitarrenboden haben sich Risse gebildet. Die Touristen, die hier gemütlich ihr Bier oder ihren Kaffee trinken, geben reichlich Trinkgeld. Sie haben die Musik in der Nachmittagssonne genossen. Auch der heilige Vincent nebenan lächelt milde und erteilt allem seinen Segen.

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